Carina und Marek bereiten schon das Abendessen vor, als ich zurück komme. Sie steht am Herd und er sitzt neben ihr auf einem Hocker und hat lauter Gemüseschnitze vor sich auf dem Brett.
„Hi Papa, guck mal, was ich gebaut hab!“ Er zeigt mir ein orangefarbenes Flugzeug. Erst als ich es näher betrachte, sehe ich, dass es aus Möhre ist.
„Cool. Wie hast du die Flügel festgemacht?“
„Die hab ich so ganz dünn geschnitzt und dann mit dem Messer da einen Ritz rein und die Flügel da durch gesteckt“, erklärt er. „Das nehm ich morgen mit in den Kindergarten.“
„Aber die Möhre wird ja schrumpelig, wenn die trocknet, dann sieht es nicht mehr gut aus“, wirft Carina ein. „Iss es lieber auf.“ Ich setze mich neben ihn. „Genau, und dann fliegt es die ganze Nacht in deinem Bauch rum.“
„Papa, das geht doch gar nicht!“ Prüfend guckt er mich an, ob ich wohl einen Witz gemacht habe. „Da ist doch gar kein Motor drin!“
„Wie, da ist kein Motor drin? Ist es ein Segelflugzeug?“
„Neiiiin“, lacht er und klopft mir an die Stirn, „es ist ein Möhrenflugzeug!“
„Ein Möhrenflugzeug. Soso. Weißt du, was ich mit einem Möhrenflugzeug machen würde?“
Er nickt erwartungsfroh, „Zeig mal, Papa.“
Ich nehme es aus seiner Hand und beiße ein Stück vom Flügel ab. Meinem Sohn fallen fast die Augen aus dem Kopf. „Papa! Du machst mein Flugzeug kaputt!“
„Na sicher“, tue ich, als sei es das normalste der Welt, „dafür ist es gemacht, oder?“ Ich beiße noch mal ab.
„Du machst mein Flugzeug kaputt!“, schreit er erneut und schlägt nach mir.
„Ach komm, Marek, es ist Möhre und Möhre ist zum Essen.“
Er heult, „Aber du magst überhaupt kein Gemüse und wieso isst du jetzt mein Möhrenflugzeug auf?“ Er springt vom Hocker und boxt mich. Ich versuche ihn zu beruhigen. „Marek, krieg dich bitte wieder ein, ja?“ Ich wollte nicht, dass er gleich so außer sich gerät.
Carina hält meinen Kopf fest und sagt mir ins Ohr: „Kauen. Und runterschlucken. Sonst verpetze ich dich.“
„Fall du mir auch noch in den Rücken. Guck, Marek, ich bau dir ein neues Flugzeug, reg dich ab.“ Ich hebe ihn neben mir auf den Hocker, nehme eine lange gerade Möhre für die Tragfläche und schnitze und ritze, wie er es mir eben erklärt hat. Zwischendurch trockne ich sein Gesicht ab, „War doch nur ein Spaß. Sei nicht mehr böse, ja?“ Er nickt.
Auf einmal fragt er: „Was hast du da für einen Knubbel?“ und tippt auf meine Wange.
„Das ist das Stück Möhre, das der Papa noch aufessen will“, macht Carina ihre Drohung wahr. „Möhren kann man nämlich nicht lutschen.“
Ich haue ihr auf den Hintern und sie kontert: „Gewalt ist keine Lösung, mein Schatz.“
Ich muss hier mal dringend von mir ablenken, so geht das nicht weiter. „Am Samstag besuchen wir übrigens den Lennart.“
„Cool“, freut Marek sich. Das Flugzeug ist fertig. „Gut so?“, hole ich mir das Okay des Ingenieurs. Er lächelt wieder. In einem unbeobachteten Moment entsorge ich die Möhrenstücke. So einen blöden Spaß lasse ich mir bestimmt nicht noch mal einfallen.
Schönes Bild, dass du da mit Worten gemalt hast
LikeLike
Dankeschön!
Es ist ein Schnipsel aus einer mittlerweile ziemlich langen und unstrukturierten Geschichte. Im alten Vorgarten hatte ich schon mal ein Stück verwendet, https://die-beste-juppi.blogspot.com/2015/01/das-bonbon.html
Ich bin hier ja noch erst seit ein paar Tagen zugange; wenn erst mal alles klappt (bzw. ich verstanden habe, wie es klappt), werd ich die Rubriken aus dem vorigen Blog hier irgendwie verlinken, damit es leichter für meine Leser wird, den Überblick zu wahren.
LikeLike