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wir Geschichtenerzähler

Kürzlich sah und hörte ich ein Interview mit Florian David Fitz, der über seinen damals neuen Film „Oskars Kleid“ sprach (das Int. war schon ein paar Tage alt). In einem „Nebensatz“ versuchte er der Angehörigen eines Magazins zu erklären, dass uns durch die Pandemie die Fähigkeit abhanden gekommen sei, uns in gedachte Personen hineinzudenken, weil wir lange auf die Möglichkeit hätten verzichten müssen, uns zu versammeln und ins Kino zu gehen.
Ich würde bezüglich der Versammlungsfreiheit nicht nur ans Kino denken, sondern auch alle anderen Orte, wo man mehr Personen zählt als vor dem heimischen tvgerät, aber grundsätzlich hat er recht. Solange es Menschen gibt, versammeln sie sich am Küchen- oder Lagerfeuer oder wo es sonst gemütlich ist und lauschen dem Geschichtenerzähler. So wurden Unterhaltung, Regeln, Wer-sind-wir? und vieles mehr weitergegeben, alles was eine Kultur/Zivilisation ausmacht.
Irgendwann lernten die Menschen dann lesen und schreiben (die einen mehr, die anderen weniger) und es wurde vorgelesen, und noch sehr viel später kamen auch Radio und Fernsehen dazu, was erlaubte, dass die Menschen sich nicht mehr versammeln mussten. Beim Vorlesen brauchts ja noch mindestens zwei Versammelte, aber Radio kannst du ganz alleine hören.

Ich habe jetzt eine ganz wunderbare Geschichte wiedergefunden im alten Vorgartenblog, und weil ich damals noch nicht übers re-bloggen nachdachte und jetzt keine Passwörter mehr habe um es nachzurüsten – und weil ich auch keinen Link einsetzen will (das ist mir zu steril, nachdem ich mir Mühe gegeben hab mit der Einleitung), bekommst du also die ganze Geschichte und kannst sie hier lesen. Leider ist auch das eine Kulturtechnik, die alleine stattfinden kann, aber immerhin sind wir auf Entfernung miteinander verbunden.

So höre dem Geschichtenerzähler zu.

Ich war in Vrouwenpolder losgefahren, nach Middelburg, am Kanal entlang bis nach Vlissingen, eine wunderschöne Strecke, sonniges Wetter, ungewöhnlich mild für Mitte November und tatsächlich kaum mal ein bisschen Gegenwind.
Ich war sehr glücklich.
Der Urlaub war wunderbar, die Reiseleitung hatte alles hervorragend organisiert – das hab ich dir ja bisher verschwiegen, ich war gar nicht alleine unterwegs. Der Höchste war dabei. Wir wollten zu zweit Urlaub machen, an schönen Orten eine intensive Zeit miteinander haben, deswegen war es wichtig, dass ich keine anderen Menschen mitnahm. Sonst ist man ja immer abgelenkt.

Es war der Urlaub der guten Ideen. Die erste war, es genau so gemacht zu haben. Die zweite war, in Vrouwenpolder zu wohnen. Die dritte bis eintausendste war, dass ich … ach, ich weiß es gar nicht mehr, ich habe keine Liste angelegt.
Ich hatte wirklich viele gute Gespräche und Erkenntnisse und habe auch einige erstaunliche Dinge kapiert.
In Vlissingen fuhr ich Richtung Fähranleger, schaltete auf dem Weg dahin endlich „niederländisch-denken-für-Radfahrer“ ein und kam am Terminal der veolia an. Ich zog mein Ticket und ließ mich im Warteraum nieder, mein Fiets neben mir. Es lief eine niederländische Radiosendung. Ich dachte gerade daran, nach draußen zu gehen, weil es so schön sonnig war, da muss man ja nicht drinnen sitzen, als der Sender unser Lied spielte.

Ja, wir haben gemeinsame Lieder, mit denen wir bestimmte Dinge/Ereignisse/etc. verbinden. Wir führen da eine ganz normale Beziehung.
Ich mochte das Lied vorher schon sehr, aber jetzt ist es mit der Erinnerung an diesen beautifullen Tag verknüpft und noch ein bisschen schöner geworden.

In letzter Zeit höre ich es wieder häufiger. Vor allem wegen des Textstücks ab 1:59 (und 3:09).
Touch me
Take me to that other place
Teach me
I know I’m not a hopeless case.

Das Leben ist nämlich schwierig, wenn man Gärtner werden will. Es gibt nur wenige Berufe, die exotischer sind. Zirkusdirektor vielleicht. Aber ich weiß, ich bin kein hoffnungsloser Fall. Und wenn der Höchste meine Reise ans Meer organisiert hat, wird er meinen Weg zur Berufung ebnen. Die Berufung hat er mir schließlich auch gezeigt.

Ich hatte also mindestens dreimal „a beautiful day“ im alten Vorgartenblog.
zum Originalbeitrag.