Jan Wagner, Träger des Leipziger Buchpreises von 2015, hat einer der am weitesten verbreiteten Pflanzen gleich nach Algen, Moos und Gras (denk ich) ein Gedicht geschrieben.
Nicht zu unterschätzen: der Giersch
mit dem Begehren schon im Namen – darum
die Blüten, die so schwebend weiß sind, keusch
wie ein Tyrannentraum.
kehrt stets zurück wie eine alte Schuld,
schickt seine Kassiber
durchs Dunkel unterm Rasen, unterm Feld,
bis irgendwo erneut ein weißes Wider-
standsnest emporschießt. Hinter der Garage,
beim knirschenden Kies, der Kirsche: Giersch
als Schäumen, als Gischt, der ohne ein Geräusch
geschieht, bis hoch zum Giebel kriecht, bis Giersch
schier überall sprießt, im ganzen Garten Giersch
sich über Giersch schiebt, ihn verschlingt mit nichts als Giersch.
Jan Wagner aus: Regentonnenvariationen, 2014, Hanser Verlag Berlin
Da freut sich der Gartenfreund. Aber Giersch ist ja daneben auch noch sehr nützlich und vielseitig, guckstu. Und mit einer dünnen Erdschicht als Hilfe (oder etwas Zeit) verschönert er sicher auch all die fiesen Schottergärten und grün gestrichenen Betonflächen der Nicht-Gärtner.
Verteil doch nachts mal ein bisschen Erde mit Giersch-Rhizomen in deiner Stadt. Du wirst sehen, wie schnell du Erfolge hast, über die du dich freuen kannst.
… ähäm, bitte nur auf wüsten und ungepflegten Flächen. Oder tritt vorher den Gartenpiraten bei.