XX/XY oder XXy?

In der arte-Mediathek habe ich vom menschenverachtenden Umgang mit intersexuellen Sportler:innen erfahren.
Ein besonders nachdrücklicher Satz wurde gesagt, ich versuche ihn zu zitieren:

Wenn ein Mann außerordentliche sportliche Leistungen zeigt, ist er ein Supermann und ein Held. Wenn eine Frau dieselbe Sensation schafft, muss sie sich für ihre Fähigkeiten rechtfertigen und beweisen, dass sie tatsächlich eine Frau ist.

Das ist die Kernaussage der Doku, die leider inzwischen aus der Mediathek verschwunden ist. Man stelle sich nur mal vor, Usain Bolt wäre nach seinen erstaunlichen Läufen aufgefordert worden, Hormonproben abzugeben um herauszufinden, ob sein Testosteronspiegel signifikant höher ist als der der Konkurrenz … un-denk-bar!!

Bei Frauen ist die Frage aber offensichtlich erlaubt. Und sie sollen sich gefallen lassen, dass man ihre Chromosome untersucht, ob sie „nur“ XX haben oder vielleicht auch noch ein kleines Y. Und wenn sie gerichtlich dagegen vorgehen, riskieren sie außerdem noch, dass alle Ergebnisse an die Öffentlichkeit gelangen und sie in Zukunft in ihrer Heimat diskriminiert werden. (In vielen afrikanischen Ländern sind Menschen außer der Norm von Haftstrafen oder der Todesstrafe bedroht – sowohl was ihre sexuelle Ausrichtung als auch das Geschlecht betrifft.)

Intersexuellen Sportlern wird von ihren Ärzten empfohlen, Hormone einzunehmen oder die Produktion des Testosterons operativ zu beenden (sich also in den meisten Fällen innenliegende Hoden entfernen zu lassen – es gibt sicher noch andere, seltener auftretende Gründe für die Anomalie), um weiter in ihrer Disziplin antreten zu dürfen. Darüber, dass der menschliche Körper nicht mehr wie vorher „funktioniert“, wenn sein Hormonhaushalt geändert wird, verlieren die Sportärzte oft kein Wort – damit stehen die Sportlerinnen alleine da, wenn sie plötzlich nicht mehr so laufen können wie früher.

Rein XX-chromosomische Leistungssportlerinnen sprechen angesichts dieser Varietät von Wettbewerbsverzerrung und Chancenungleichheit. Das ist verständlich, da Testosteron und Y-Chromosome irgendwie schneller und stärker machen.
Fraglos gibt es Unterschiede zwischen Männern und Frauen, sonst könnten ja alle zugleich an den Start gehen und es würde mal die eine gewinnen, mal der andere, so wie es beim Sportfest in der Grundschule war.
Aber solange es nur zwei Sorten Menschen gibt – weibliche und männliche – werden bei Geburt als „weiblich“ erkannte Menschen, die nicht ausschließlich weiblich sind, in einem von Männern dominierten System mit solchen Ungerechtigkeiten leben müssen.

Äh … echtjetz? Warum?!

Quellen und weiterführendes:
arte: im Magazin Anpfiff „Leichtathletik – Das Testosteron-Problem
Wikipedia: Caster Semenya
Tagesspiegel: Der grausame Umgang mit Intersexuellen im Sport vom 27.09.2019
Sportschau: Caster Semenya im Exklusiv-Interview: „Es ist die Hölle, du arbeitest in einem Tunnel ohne Licht“ vom 07.12.2023
mehr Wikipedia: Geschlechtsunterschiede im Sport sowie die Liste intergeschlechtlicher Sportler

Was als Text zum Weltfrauentag (dem 8.März) begann, ist inzwischen eine Reihe geworden – nämlich die noch namenlose nicht mehr!! Reihe, die sich am 8. des Monats mit Gerechtigkeit befasst. Ihr Name*: Gerechtigkeit am Achten. Bisher ging es um die deutsche Kabarettistinnenlandschaft und deren Wiedervorlage, um die Frage Brauchen wir mehr Feminismus in Deutschland?, um das Recht auf Menschenrecht und halt heute um den würdelosen Umgang mit intersexuellen Sportlern.
wenn du ein interessantes Thema hast, über das ich mal schreiben sollte – immer her damit!
wenn dich das Thema anspricht und du gerne mal einen Beitrag dazu hier veröffentlichen möchtest – erst recht her damit!! Im Impressum findest du meine Emaille.

*= nomen est omen

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